Fazit des Besuchs: Beide sind sich einig, Schüler und Lehrkräfte und der ZMO: Das wiederholen wir.
Da sitzen sie, 30 Jungen einer 9. Klasse des Willigis Gymnasiums im ZMO und hören aufmerksam zu: Was ist der ZMO und was will der, das erklärt der Geschäftsführer des ZMO, Amadeus Sardon.
Sie jedenfalls wollen heute helfen; sie haben quasi einen sozialen Tag, begleitet von zwei Lehrkräften. Den ZMO habe man ihnen empfohlen. Kaum hat Herr Sardon den ersten Punkt des von ihm vorbereiteten Einsatzplans vorgetragen, heben sich 5 Hände. Ja, das machen sie, Flyer im Ort austeilen, Schränke und sonstiges Mobiliar auseinandernehmen, das sperrige Zeug transportieren und wieder zusammenbauen, in dem noch einzurichtenden Raum für die ZMO Kreativkurse für Kinder.
Sie schälen in der ZMO-Küche Gemüse, helfen unter Anleitung von Irina Wirt beim Einpflanzen von großen Pflanzen und kleinen Blumenzwiebeln, nebst Erneuerung der Erde. Und endlich sind genug Leute da, um die kartonweise angesammelten Tischdecken aus dem Geschirr- und Gerätegeschäft nach Größe und Qualität zu sortieren. Die Leiterin des GuG, Frau Angelika Wohmann, ist hochzufrieden. Desgleichen sind es Marina Balzer, zuständig für das größte der Secondhandangebote im ZMO-Haupthaus, und die Kollegen von der Spendenannahme. Hier bauen die Jungen einen neuen Transportwagen zusammen und helfen, Kleiderspenden zu sortieren. Der Transportwagen wird auch dem Buchstabensalon zugutekommen.
Unter betriebsamem Arbeiten und der Freude am sinnvollen Mittun vergeht der Vormittag schnell und es ist auch noch Zeit, sich aus aktuellem Anlass mit einem Textentwurf Jutta Hagers, entstanden als Reaktion auf das geheime Treffen der AFD und deren dort formulierten Pläne („Remigration“) zu befassen. Jutta Hager erläutert den Jugendlichen, warum sie sich durch deren öffentlich gewordene Ansinnen persönlich, aber auch als Vertreterin des Vereins ZMO beleidigt fühlt. Die Jungen verstehen. Sie haben auch ihren ethischen Kodex mitgebracht.
Jutta Hager: Warum ich mich beleidigt fühle
Massenweise ausweisen solle man Menschen mit Migrationshintergrund, massenweise sollen wir das tun, ich auch.
Sagt wer? Wieso glaubt der, das von mir erwarten, verlangen zu können?
Der denkt, ich sei kein Humanist, keiner, der den Einzelfall prüft, keiner, der der Unschuldsvermutung folgt. Der hält mich für unfähig zu unterscheiden zwischen gut und böse, zwischen arglistiger Täuschung und gerechtem Urteil. Der denkt, das merkte ich nicht einmal.
Der glaubt, ich wisse nichts, nichts über die unendliche Anstrengung, die es kostet eine neue Heimat zu finden, nichts über den seelenfressenden Kummer, seine Heimat verlassen und Familie zurücklassen zu müssen. Der meint, ich sähe nicht die materielle und psychische Leistung zugezogener Menschen. Und von dem Wert interkulturellen Lebens wüsste ich auch nichts, denkt der.
Und auch, denkt der, ich würdigte nicht die Leistung von Tausenden Menschen und von Institutionen um die Integration.
Dieser meint, ich wisse nichts von der Geschichte und von dem ethischen Grundsatz „ Was du dem Geringsten meiner Brüder (wir fügen die Schwestern dazu) getan hast, das hast du mir getan. „
Dieser, der das von mir fordert, missachtet mich und meine Mitmenschen. Dieser meint, er könne aus mir einen marodierenden Mob machen, gesetzlich verbrämt.
Ich fühle mich beleidigt. Ich widerspreche.
Jutta Hager wurde am 10. Juli 2014 vom damaligen Bundespräsident Joachim Gauck als eine von 25 Bürgerinnen und Bürger in Schloss Bellevue mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Die zehn Frauen und fünfzehn Männer aus allen Teilen Deutschlands die 2014 geehrt wurden, haben sich in herausragender Weise um die Integration von Zugewanderten und ein gutes Miteinander in unserer Gesellschaft verdient gemacht. Jutta Hager hat seit 1989 als Vorsitzende haupt- und nebenberuflich in beharrlicher Pionierarbeit neben der Einzelfallbetreuung ein Second Hand Angebot zunächst für Spätaussiedler und Bedürftige aufgebaut sowie ein umfassendes Integrationskonzept mit sozialer Hilfestellung und regelmäßigen kulturellen Angeboten entwickelt. Der ZMO Mainz e.V. versteht sich bis heute als Teil der allgemeinen Integrationsarbeit in Deutschland Mitlerweile ist sein Engagement nicht mehr nur auf Osteuropa beschränkt. Die Integration von Menschen und der Austausch zwischen Kulturen war und ist in Deutschland eine große Aufgabe und Herausforderung. Das Engagement Jutta Hagers und des Vereins ZMO Main e.V. ist unverändert.