
Fotos: © Natalie Färber
Fotos: © Natalie Färber
„Nachklang“ zum Konzert
Der ZMO ist mit seinem vielfältigen Programm nicht unbedingt mit einer regelmäßigen Reihe von Jazzkonzerten aufgefallen. Wenn Solisten, die in anderer Gruppierung jedoch sehr erfolgreich im ZMO gastiert haben, ein Jazzkonzert anbieten, greifen wir zu.
Verbindung – so könnte man das Motto des ZMO nennen. Dieses Konzert macht das. Die Zuhörer im Raum sind begeistert, egal, ob jung oder alt. Shabashev und seine zwei Musikanten changieren von lyrisch zu dramatisch, von erzählenden, die Landschaft und Stimmung des weißen Nordens illustrierenden Stücken zu fast sphärischen Passagen, Spaziergängen der Seele. Es ist kaum zu glauben, dass man mit Jazz solche Wirkungen erzeugen kann, sind wir doch an die großen Sinfonien und Konzerte eines Dvorak, Sibelius und anderer gewöhnt, die mit orchestraler Wucht Landschaften und die durch sie erzeugten Befindlichkeiten erfassen. Hier reichen drei Instrumente, um die gemischte Zuhörerschar völlig in ihren Bann zu ziehen. Dabei brilliert das Klavier. Shabashev zeigt die perlenden Wassertropfen eines tauenden Eisrandes ebenso wie das mal stürmisch, mal sanft dahinfließende Wasser. Es ist wohl jedweder Eindruck, den ein Spaziergänger, ein Beobachter, ein Bewohner des hohen Nordens hat, wenn er sich in ihm bewegt, der hier vertont ist.
Was in Shabashev in seiner Kindheit und Jugend eingezogen ist, das bringt er mit seinen zwei Begleitern, mit eigenen Kompositionen in Musik verwandelt, jetzt wieder heraus. Und nie hat man den Eindruck, dass es sich um zwar virtuos gespielte, aber beliebig hervorgebrachte Ton – oder Rhythmusfolgen handele, wie dies zuweilen bei Jazz scheint, sondern es sind Inhalte, die wir hören, eben musikalische Bilder, in der Manier der Stilrichtung Jazz geformt. Es ist eine der ehrlichsten Offenbarungen eines Musikers, virtuos vorgetragen. Das fühlen die Zuhörer und applaudieren anhaltend.
Der ZMO wird 2023 ein weiteres Konzert anbieten.
Freitag, 09.09.2022 19:00 Uhr
„Pictures Of The White North“
ist eine Sammlung von Kompositionen, in denen Andrei Shabashev über seine alte Heimat reflektiert. 1984 wurde er in Archangelsk (UdSSR) als Sohn eines Arztes und bekannten Singer-Songwriters geboren und wuchs unweit des Polarkreises auf. Schon früh lernte Andrei Klavier mit Schwerpunkt Jazz; später studierte er in Moskau an der Elite-Musikakademie Gnessin. Trotz wachsenden Erfolgs in seiner Heimat zog er 2014 der Liebe wegen nach Frankfurt a.M.
Seine beiden Begleiter Hanns Höhn und Benno Sattler hat Shabashev bei Sessions im legendären Frankfurter Jazzkeller kennengelernt. Er schätzt ihr feines Gespür, ohne viele Worte die Essenz seiner Kompositionen zu erfassen und sie mit eigenen Ideen zu bereichern. „Als wir zum ersten Mal miteinander gespielt haben, war ich überrascht vom europäischen Jazz-Feeling der beiden, das aus meiner Sicht anders ist als das russische und amerikanische. Daraus entstand eine Art Konversation zwischen Traditionen.“
In seiner Musik flirtet Shabashev ab und an mit ungeraden Takten und verarbeitet folkloristische Motive, wie Schlaflieder oder den in Archangelsk allgegenwärtige Gruß zum Aufstehen „Good morning, it’s cold outside“. Die sprichwörtliche russische Musikseele, die sich in melancholischen Melodien und tiefgründigen Stimmungen zeigt, bestimmt zu einem guten Teil auch Andrei Shabashevs Stücke. Und natürlich seine Zuneigung zu Land und Leuten: „Mit meiner Musik möchte ich allen, die nicht selbst dorthin reisen können, die Schönheit der Natur und die Wärme der Menschen vermitteln“.
Es musizieren:
Andrei Shabashev: Klavier, Mellotron und Electronics
Hanns Höhn: Kontrabass
Benno Sattler: Schlagzeug
Die Veranstaltung findet unter geltenden Corona Regelungen statt.